Folgendes Völkchen fiel mir vor Jahren ein, als ich über den Turmbau zu Babel sinnierte. Es gammelte einige Zeit vor sich hin und erlebte dann eine Wiedergeburt in meiner aktuellen Rollenspielkampagne, in der ich gezwungen war, es ein wenig auszuarbeiten und von wo es seinen Weg zurück nach Anderswo gefunden hat. Ich möchte es aber trotzdem an dieser Stelle vorstellen, denn ich finde es äußerst gelungen.
Die Turmleute
Auf dem Turm zu Hochstädt lebt das eigenartige Volk der Turmleute. Aus Effizienz- und Kostengründen hatte man seinerzeit alle Bauarbeiter, Handwerker und Architekten in den oberen Stockwerken des Turmes einquartiert (was aufgrund der großen Grundfläche wirklich kein Problem war) und von dort immer weiter nach oben versetzt. Als aber Pistazien den »bewaffneten Konflikt« verlor, vergaß man die Turmleute einfach und überließ den Turm seinem Schicksal. Zur gleichen Zeit kam es zu einer merkwürdigen Verwirrung der Sprachen und der Geister und nach einer Woche des chaotischen An-die-Wand-Laufens und Hinunterstürzens hatten die Turmleute alles vergessen, was es unten gibt.
So kommt es, dass dieses Völkchen auch ganz eigene Ansichten darüber hat, wie die Welt aussieht. Sie betrachten ihren Turm als einsame Nebelfeste, die aus dem Baugrund hervorragt. Auf diesem befinden sich nur Dämonen und der Nebelriese Guhr, der um den Turm herumstapft und ab und zu Menschen frisst. In den ewigen Wolken in Nifelhem wohnen die Arbeiter, die sich an die ewige Dunkelheit und Feuchtigkeit angepasst und ganz eigene Pflanzen und Tiere gezüchtet haben. Darüber, in Schinhem, in der ewig strahlenden Sonne befinden sich die Baumeister, die von den Arbeitern als Götter verehrt werden.
Nifelhem besteht aus drei Stockwerken: Wallmark, Landmark und Ebenmark, darunter folgt die Wildnis, in der schreckliche Moderschrecken hausen. Wallmark, als oberste Ebene, beherbergt die Bibliothek der Alten, in der Altenwiss alle Artefakte der Erbauer sammelt und erforscht. Als Symbol der Unergründbarkeit der Alten trägt er immer einen Wasserhahn bei sich. Dort oben befindet sich auch der Wasserrat, der von acht Mitgliedern der wichtigsten Gewerbe Nifelhems gebildet wird, und alle großen Entscheidungen für die Arbeiter trifft. In Landmark findet sich ein großer Teil der Landwirtschaft Nifelhems. Von Quallenfackeln erleuchtet werden hier weißschleimige Pflanzen angebaut, aus denen Nahrung, Fasern und Nebelwein hergestellt werden. Dort werden auch Wollspinnen gezüchtet, die eine besondere Milch geben und aus deren Fell man wasserdichte Kleidung herstellen kann. In Ebenmark schließlich befindet sich ein Großteil der Häuser, über deren Baumaterial die Architektin sorgsam wacht. Die Nebelschatteneiche wächst dort und in einem Areal namens »Flattermark« befindet sich die Hühnerzucht. Aus unbekannten Gründen gibt es nämlich Hühner in Nifelhem.
Das sonnige Schinhem ist nicht annähernd so glorreich und gesegnet, wie die Arbeiter meinen. Da es weder Wasser noch Schatten gibt, wachsen keine Pflanzen dort und die Baumeister sind von der Sonne so schwarz verbrannt, dass sie Menschen nur noch entfernt ähneln. Dazu kommt, dass sie mittlerweile nur noch zu dritt sind und sich gegenseitig nicht ausstehen können.