Pokémon für Erwachsene

Mein lie­ber Freund G. und ich sind wie so vie­le Jungs unse­res Alters gro­ße Poké­mon­fans gewe­sen und kön­nen uns auch heu­te nicht ganz der selt­sa­men Fas­zi­na­ti­on ent­zie­hen, die von den Wesen aus­geht, deren kogni­ti­ve Fähig­kei­ten gera­de ein­mal dazu rei­chen, ihren Namen aus­zu­spre­chen. Was soll man machen. Also fol­gen­des Gedan­ken­ex­pe­ri­ment: Wie müss­te eine zeit- und alters­ge­mä­ße Rol­len­spiel­um­set­zung eines Poké­monset­tings aus­se­hen und wel­ches Regel­sys­tem könn­te dafür funk­tio­nie­ren?

Gut, Ant­wort zwei fällt mir leicht – im Moment lie­be ich Fate über alles und selbst­ver­ständ­lich kommt der aspekt­ba­sier­te Ansatz dem am nächs­ten, wie ich Rol­len­spiel erle­ben möch­te. Wid­men wir uns also Fra­ge eins.

Ich stel­le mir P. irgend­wie als Cyber­punk­welt vor, ein biss­chen wie Shado­wrun, nur mit wesent­lich mehr Natur. Zwi­schen den Städ­ten, in denen gro­ße Fir­men an P. her­um­ex­pe­ri­men­tie­ren, sie als Arbeits­tie­re miss­brau­chen und zur Unter­hal­tung abrich­ten, zur Befrie­di­gung der nie­de­ren Instink­te der Mas­se. In der Wild­nis Gefah­ren (Was sonst). Spo­ren­schwe­re Fel­der voll gif­ti­ger Duf­lors und Bisaf­lors, ton­nen­schwe­re Nido­queens in zyklo­pi­schen Wäl­dern und ein 60-Meter-Glu­rak in den Ber­gen (Hal­lo, ein 1,70-Drache???). Eini­ge Rui­nen der Men­schen sind über­wu­chert und von sind nun von über­gro­ßen Ratt­fratz bevöl­kert, in der Kana­li­sa­ti­on leben Sli­ma und in einer Sied­lung treibt ein ver­derb­tes Gen­gar die Men­schen in den Wahn­sinn.

An die­ser Stel­le soll­te man einen Moment inne­hal­ten und sich von der Vor­stel­lung einer lus­ti­gen, nied­li­chen und harm­lo­sen Kin­der­welt ver­ab­schie­den. Die­ses P. funk­tio­niert an eini­gen Stel­len anders, ja viel­leicht sogar grund­le­gend. Die meis­ten P. sind wild und gefähr­lich und anstatt gegen hun­der­te Trai­ner zu kämp­fen, hat der Spie­ler genug zu tun, um mit der Hil­fe sei­nes P. die ent­le­ge­nen Orte zu ent­de­cken, zu klet­tern, zu tau­chen, zu for­schen und zu kämp­fen. Das Kampf­sys­tem mit Atta­cken hal­te ich für unan­ge­mes­sen für eine halb­wegs erwach­se­ne* Run­de (Los Bisa­sam, Tack­le!). Jedes P. beherrscht nor­ma­le und Spe­zi­al­an­grif­fe, denn letzt­end­lich ist es egal, ob Glut­exo Glut, Flam­men­stoß oder Infer­no ein­setzt. Flie­gen, Schwim­men und all die pas­si­ven Angrif­fe wer­den über Stunts abge­han­delt und es wäre über ein AP-Sys­tem nach­zu­den­ken. In der Welt exis­tie­ren kei­ne Poké­cen­ter, Safa­ris oder Shops, die Rou­ti­ne soll mög­lichst außer kraft gesetzt wer­den.

Jeder Spie­ler trai­niert ein P., das je nach rea­lis­ti­scher Umge­bung am Kampf teil­nimmt. Das führt zu manch kniff­li­ger Situa­ti­on, dass eine Par­tie mit gro­ßen P. in einem engen Höh­len­sys­tem auf sich allein gestellt ist. Die Fer­tig­kei­ten sind zwi­schen Mensch und P. auf­ge­teilt, so dass der Mensch die sozia­len, hand­werk­li­chen und gesell­schaft­li­chen Fer­tig­kei­ten nutzt und das P. die Kampf- und Ath­le­tik­fer­tig­kei­ten. Trai­ner und P. bil­den eine Ein­heit, die sich ergänzt. Mög­li­che Kom­bi­na­tio­nen wären Gelehr­ter – Beschüt­zer, Inge­neur – Elek­tro­po­ké­mon, Assas­si­ne – Psy­cho. Die Grund­rich­tung gibt P. vor, es darf auch hier wie­der etwas indi­vi­du­el­ler und erwach­se­ner wer­den.

Zu guter letzt sind es die Kon­flik­te, die eine Welt span­nend machen und da bie­ten auch die Game­boy­spie­le vie­le Mög­lich­kei­ten. Maro­die­ren­de Biker (hier viel­leicht mehr im Mad Max-Stil), grö­ßen­wahn­sin­ni­ge Groß­kon­zer­ne, Psy­cho- oder Geist­po­ké­mon, sel­te­ne P., grau­sa­me Are­na­kämp­fe, ver­las­se­ne Orte, Mythen und Legen­den. Die gute alte Sam­mel­mo­ti­va­ti­on funk­tio­niert natür­lich auch.

Nun müs­sen Pro­be­cha­rak­te­re ent­wor­fen, ein Kampf­sys­tem mit Effek­ti­vi­tä­ten ent­wi­ckelt und eine plau­si­ble und kon­flikt­rei­che Welt geschaf­fen wer­den. Also eigent­lich noch alles.

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* Zum The­ma »erwach­sen«: Poké­mon zu spie­len, wird nie­mals voll­kom­men ernst sein. Wir sind viel zu sehr mit den Game­boy­spie­len ver­wach­sen, als dass wir die­se Welt als eine ernst wahr­neh­men kön­nen. Das hier ist nur der Ver­such, die Welt auch rol­len­spiel­tech­nisch spiel­bar zu machen.

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