(Beitrag zum Rollenspielkarneval im Juli 2016 »Romantik und Liebe«)
Ich fürchte, das war so nicht gemeint, aber ich muss es trotzdem loswerden, denn es betrifft den innersten Kern dessen, was ich liebe und weswegen ich rollenspiele: Romantik.
Jawohl. Und zwar nicht die Romantik mit Geigenregen und André Rieu, der auf einem Rosenblatt spielt, sondern die andere, die aus dem Deutschunterricht. Die Romantik, die Heine so liebte, C. D. Friedrich, Novalis. Später Tolkien, Ende und all die anderen Fantasten, die Weltflucht, die Märchen, Drachen, Ritter und verwunschene Seen. Der traurig-hoffnungsvolle Traum von einer Zeit, in der möglicherweise noch alles gut war, in der die Wälder noch standen und in ihnen unglaubliche Schrecken und Schönheiten lauerten. Die vage Vorstellung, dass es noch etwas anderes geben könnte als unsere dreckige, hässliche und desillusionierte Welt. Romantik.
Natürlich hat Rollenspiel vornehmlich mit Konflikten zu tun und es soll sogar Leute geben, die sich darin bewusst mit politischen Themen auseinandersetzen. Doch für mich bedeutet es vor allem träumen. Fremde Welten, schauderhaft schöne Orte, dunkle Ahnungen von etwas Größerem und auch Inszenierung. Wenn es um wichtige Szenen, Orte und Charaktere geht, werde ich schnell mal wortgreiflich: Die sturmumtoste Burg auf einer schwindelerregenden Klippe, ein künstlicher Mensch, an Kabel und Schläuche angeschlossen, die sich zu einem Strang vereinen und in der finsteren Höhe verschwinden, der einsame nebelige Waldsee, auf dem Wassergeister tanzen. Und dazu noch die passende Musik.
Und an dieser Stelle überschneiden sich die beiden Vorstellungen von Romantik, denn jetzt geht es wirklich um Gefühle und um den Schauder bei schaurig-schönen Bildern und passender Musik. Aber waren es nicht auch die Romantiker des frühen 19. Jahrhunderts, die den rationalen Zugang zu den Dingen ablehnten? Die die Gefühlswelt, die Symbolik, die Magie und das Ungewisse suchten? Die abgeschreckt waren von der Unüberschaubarkeit der Welt und sich stattdessen ihre eigenen Fantasiewelten bauten? Meine These lautet: Das Rollenspiel an sich ist Romantik. Und die ganze Szene drumherum, die Fantasten, Mittelalterfreaks, Steampunker, Goten; das sind auch alles Romantiker.
Obwohl- Eine Anekdote muss ich doch noch mal loswerden. Vielleicht habe ich ja auch unrecht. Einmal hatte ich für meine Gruppe ein feines Abenteuer verfasst, von einem untalentierten Alchemisten, der in eine schöne Adelige verliebt war und sich dazu unlauterer Mittel bediente (Liebestrank, Mord und so). Dazu gab es verwunschene Waldseen, nächtliche Friedhöfe und Hexen in hohlen Bäumen. Meine Gruppe fand’s ganz fantastisch und hat sich in all dem Kitsch regelrecht gesuhlt. Als ich dann aber noch einmal mit einer anderen (DSA-) Gruppe das Abenteuer spielte, kam nur: »Buh! Langweilig! Kennen wir doch alles schon. Wir haben Borbarad besiegt, gib uns was aufregenderes!«. Immerhin haben sie nur die Hälfte der Zeit gebraucht…
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