Wie würde ich es besser machen – das ist ja immer der Knackpunkt. Aber in der Tat habe ich mir da schon ein paar Gedanken aufgeschrieben, auf vielen verstreuten Seiten und Zetteln.
Am Anfang etwas Allgemeines: Das Rollenspiel Der Pfad des Gewitzten bietet zu fast jeder Herausforderung drei grundsätzliche Lösungsstrategien an, den Pfad des Kriegers, den Pfad des Weisen und den Pfad des Gewitzten, analog der alten Kämpfer-Magier-Dieb-Trias. Jeder dieser Pfade ist durch einen eigenen Fertigkeitenbaum (oder Skilltree) repräsentiert, deren Äste sich so kombinieren lassen, dass ein völlig individuelles Spielgefühl entsteht und natürlich der Wiederspielwert steigt. Mit gewählten Fertigkeiten eröffnen sich neue Lösungsmöglichkeiten. Wie diese Fertigkeiten aussehen könnten und welche Auswirkungen das auf die Spielmechanik hat, werde ich in einem weiteren Artikeln erläutern.
1. Das Belohnungssystem
Hier ergibt sich schon sehr bald das Problem der Erfahrung und der Gegenstände. Wofür gibt es Erfahrung? Für das Töten von Gegnern (klassisch)? Oder für das Meistern von Herausforderungen (narrativistisch)? Löst man eine Herausforderung friedlich (z.B. durch Täuschung und Charakterspiel) und tötet hernach die NSCs, um an deren Rüstung zu kommen, dürfte man für diese keine Erfahrung oder sollte sogar Erfahrungspunkte abgezogen bekommen. Umgehen ließe sich das, wenn man ganz auf Gegenstände verzichtet und Erfahrung nur für gelöste Herausforderungen bekommt. Eine schöne Umsetzung gibt da Assassin’s Creed vor: Hier absolviert der sehr in die Story involvierte Charakter Herausforderungen und wird mit freigeschalteten Gegenständen, kurzen Texten und dem Fortschreiten der Geschichte belohnt. Das Töten von Gegnern ist nur in seltenen Fällen wirklich notwendig – Ein sehr kluges Konzept, von dem ich mir gern etwas abschaue. Die Frage an dieser Stelle ist nur, wie befriedigend ein Computerrollenspiel ohne Gegenstände ist. Ich für meinen Teil liebe es, Rüstungen zu vergleichen, zu verbessern und verschiedene Effekte gegeneinander abzuwägen, ein Ansatz, den ich in meiner S&P-Runde aber vollkommen vernachlässige. Darüber wäre zu diskutieren. Schlussendlich kann man sich Gegenstände ja auch in Geschäften kaufen oder verdienen.
Im Moment stelle ich mir das so vor: Der Charakter betritt ein Areal/spricht eine Person an, die ein Ausrufezeichen über dem Kopf hat questrelevante Person an, eine Meldung erscheint – »Herausforderung beginnt!« – Einige (Bonus-) Ziele werden angezeigt (heimlich, friedlich, unter Einbeziehung der Physik, etc.) und der Spieler versucht, die Herausforderung auf kreative Weise zu überwinden. Scheitert er, beginnt er am letzten Checkpoint neu. Siegt er, bekommt er Erfahrung, für die er sich bestimmte Fertigkeiten freischalten kann. Natürlich sind die Herausforderungen entsprechend schwierig.
2. Befriedigende Herausforderungen
Die größte Herausforderung für den Entwickler wird es sein, befriedigende Herausforderungen zu schaffen. Mit Kämpfen ist das recht leicht zu bewerkstelligen: Mache die Gegner schwieriger, dann hat der Spieler mehr Spaß. Auch die anderen Punkte des klassischen Questdesigns sind eher einfallslos: Beschatte einen NSC! Hole einen Gegenstand! Ein besonders auffälliger Fehler ist das sogenannte »Überreden«. Es läuft darauf hinaus, dass Konflikte friedlich gelöst werden, in dem man auf einen Button drückt: »[Überreden] Das sind nicht die Droiden, die ihr sucht!« Irgendwie reicht mir das nicht. Und nein, ich habe auch nicht viele Ideen, wie man das besser machen könnte. Aber die Ideen, die ich habe, werde ich bei Gelegenheit ausführlich vorstellen.
Eine wichtige Stellschraube, um vom Kämpfen als Problemlösen abzukommen, ist, die Gegner stärker zu machen, genauso stark wie den Spielercharakter. So dass es vorkommen kann, dass ein Bolzen den Helden niederstreckt und dass zwei Gegner gleichzeitig kaum zu bewältigen sind. Das wird vielen Spielern nicht gefallen, denn einen übermächtigen Charakter zu spielen macht auch den Reiz vieler Spiele aus. Aber auf der anderen Seite ist ein taktischer Zweikampf gegen einen gleichberechtigten Gegner doch noch viel spannender – Der Weg des Kriegers macht es möglich. Durch stärkere Gegner steigt 1. die Gefährlichkeit der Spielwelt, 2. der Realismus und 3. die Motivation, andere Lösungswege auszuprobieren, zumindest für die anderen zwei Wege.
3. Railroading vs. Open world
Um zusätzlich Motivation und Atmosphäre zu schaffen, muss der Held stark in die Geschichte verflochten und diese relativ linear sein. Von der Holzhammermethode »Du bist der Auserwählte und musst jetzt hier mitmachen!« halte ich nicht viel, ein guter Plot sieht anders aus. Da entsteht natürlich schnell der Eindruck, ich würde Railroading betreiben. Sollte ein Spieler nicht immer die Wahl haben, was er als nächstes tut? Welchen Charakter er spielt? Wohin er geht?
Natürlich soll Der Pfad des Gewitzten beides bieten: Die Möglichkeit in der Welt herumzustreunen, zu entdecken, aber auch eine relativ enge Handlung. Es soll möglich sein, sich im Rahmen der Welt frei zu bewegen, mit ihr zu interagieren, aber große Nebenquest, wie zum Beispiel die Gilden in Elder Scrolls soll es nicht geben. Eine Charaktergenerierung wird es nicht geben, der Held ist fest in die Geschichte eingebunden, aber trotzdem kann ihn der Spieler gestalten. Durch die Fertigkeiten einerseits, aber auch durch Entscheidungen, die maßgeblich die Handlung beeinflussen. Denn obwohl es nicht möglich ist, alles zu tun (bzw. alles zu töten), kann der Spieler zwischen verschiedenen Handlungssträngen entscheiden und damit seine individuelle Geschichte entstehen lassen. Ich stelle mir das wie einen Strom vor, in dem die Handlungsfäden auseinander gehen, parallel verlaufen und sich an bestimmten Knotenpunkten wieder vereinen. Für den Spielentwickler stelle ich mir das… knifflig vor. Aus diesem Grund wird das Spiel vermutlich einen begrenzten Umfang haben, was natürlich in Anbetracht der Tatsache, dass man es gern wiederspielt, halb so schlimm ist.
4. Interaktion mit der Umwelt
Der letzte Punkt klingt zuerst etwas nebensächlich, aber tatsächlich ist er maßgeblich für die Vielfalt der Spielwelt und der Quests. Nichts ist schlimmer, als wenn die Faszination für die Spielwelt (in der Fachwelt nennt man das »sense of wonder«) nach dem halben Spiel verloren geht und man durch die Landschaft rennt, die Dialoge wegklickt und von Quest zu Quest rennt. Dem möchte ich entgegenwirken, in dem ich die Spielwelt sehr interaktiv gestalte. Es muss möglich sein, mit beinahe allem zu interagieren, die Interaktionen kontext- und fertigkeitenabhängig sind. Dadurch kommt so eine Art »Point&Click-Mentalität« ins Spiel, auf die ich im nächsten Beitrag noch einmal näher eingehen möchte. In der Umsetzung stelle ich mir das so vor, dass ein Charakter, der zum Beispiel die Fertigkeit Ablenkung (Pfad des Gewitzten) besitzt, in einem Zimmer die Lampe auswirft, in der Natur einen Stein wirft oder im Nahkampf eine Finte macht. Wenn ein Spieler ein Fenster fokussiert, soll er die Möglichkeit haben, es zu öffnen (Luftzug) oder einzuschlagen (Ablenkung, Provozieren, Demolieren) oder im Spiegelbild einen herannahenden Gegner zu sehen, der sich heimlich wähnt. Diese kontextabhängige Nutzung ist natürlich höchst komplex, aber ich denke, echte Programmieren kriegen das schon hin.
Das Ganze soll (für den Spieler anspruchsvoll) einigermaßen in Echtzeit ablaufen. So macht es zum Beispiel einen Unterschied, ob ein »Gegner« den Helden ansieht oder ob er beschäftigt ist. Das Timing zählt. Im Spiel läuft es dann darauf hinaus, dass der Spieler bestimmte Herausforderungen zehn Mal wiederholen muss, bis er endlich einen Weg gefunden hat, denn die Befriedigung ist so wesentlich größer als wenn man sich durch eine noch gewaltigere Monsterhorde gemetzelt hat.
Hier muss ich unweigerlich an das klassische LucasArts Point&Click Adventure »Indiana Jones and the Fate of Atlantis« denken. Dort kann man einen großen Abschnitt des Spiels auf verschiedene Art und Weisen spielen und wählt einen der drei Schwerpunkte Action, Rätsel oder Teamarbeit. Vielleicht sollte man allgemein über den Tellerrand des Rollenspiels hinaus schauen und in anderen Genres nach Spielmechaniken für alternative Lösungswege und kontextabhängige Fertigkeiten suchen.Reference
Ja, darüber hatte ich auch schon nachgedacht. Der Pfad des Gelehrten lässt sich nämlich nicht so richtig spannend gestalten, wenn man als Spieler nicht auch etwas zu tun hat. Man könnte sich hier an den guten alten Point&Click-Adventures bedienen, also richtige Rätsel für den Spieler bereithalten (Maschinen reparieren, Codes entschlüsseln, etc.). Das wäre im Rollenspiel zwar Metagaming, also böse, aber hier hätte es seinen Reiz.